Den Traum von den eigenen vier Wänden haben vor allem junge Familien. Die gekaufte Immobilie bietet im Vergleich zur gemieteten mehr Gestaltungsfreiheiten und mehr Freiräume: Das erworbene Eigenheim kann nach dem eigenen Geschmack eingerichtet, ausgebaut oder umgebaut werden. Der Garten wird zur grosszügigen Spielfläche für den Nachwuchs. Die grössere Wohnfläche ermöglicht ausserdem jedem Kind sein eigenes Kinderzimmer.
Mama und Papa allein zu Hause
Sind die Kinder erwachsen und ziehen aus, ist die Immobilie dann plötzlich zu gross für die Zurückgebliebenen. Mit zunehmendem Alter wird ausserdem der regelmässige Unterhalt anstrengender. Der Auszug der Kinder wäre also ein guter Zeitpunkt, das Wohneigentum zu verkaufen und sich für ein kleineres Objekt zu entscheiden, in ein Mietobjekt zu ziehen oder aber das Eigenheim zu vererben.
Doch inwieweit möchten Wohneigentümer ihre Immobilie überhaupt vererben? Mit dieser Frage beschäftigte sich die Studie der Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften (ZHAW) im Auftrag des Bundesamtes für Wohnungswesen (BWO). Befragt wurden Mitglieder des Hauseigentümerverbands, die älter als 50-jährig sind und über selbstbewohntes Wohneigentum verfügen.
Vererben oder verkaufen?
Um die Vererbungsbereitschaft zu ermitteln, wurden ausschliesslich Personen mit Wohneigentum befragt, die mindestens ein Kind haben.
Die Umfrage zeigt, dass rund 27 Prozent der befragten Wohneigentümer bereit wären, ihre Immobilie zu verkaufen. Die Vererbungsbereitschaft hingegen liegt bei rund 71 Prozent. Die Bereitschaft zu vererben ist also fast dreimal so hoch, wie jene zu verkaufen.
Diese emotionalen Faktoren haben Einfluss auf die Vererbungsbereitschaft:
Erwerbsart: Wurde die Immobilie geerbt und befand sich bereits vorher in Familienbesitz, so ist die Bereitschaft zu vererben mit rund 88 Prozent besonders hoch. Wurde die Immobilie hingegen von Drittpersonen gekauft, beträgt die Vererbungsbereitschaft nur noch rund 69 Prozent.
Erinnerungen: Hängen am Wohneigentum viele Erinnerungen, wird es eher vererbt. Die Bereitschaft liegt bei rund 75 Prozent. Assoziieren die Eigentümer hingegen wenige oder keine Erinnerungen mit der Immobilie, fällt die Bereitschaft zu vererben deutlich geringer aus und liegt bei rund 67 und 68 Prozent.
Freundschaften in der Nachbarschaft: Geben die Wohneigentümer an, viele Freundschaften in der Nachbarschaft zu pflegen, liegt die Vererbungsbereitschaft bei rund 71 und 72 Prozent. Haben die Befragten jedoch wenige oder keine Freunde in der Nachbarschaft, sinkt diese Bereitschaft auf rund 63 Prozent.
Vererbungsbereitschaft: Spielt die Anzahl Kinder eine Rolle?
Ob Wohneigentum vererbt wird, hängt auch von der Anzahl Kinder ab. Je mehr Kinder als Erben in Frage kommen, desto geringer die elterliche Bereitschaft, das Wohneigentum zu vererben. Bei Personen mit einem Kind liegt die Vererbungsbereitschaft bei rund 77 Prozent. Bei Personen mit mehr als drei Kindern nur noch bei rund 60 Prozent. Grund für dieses Verhalten könnte sein, dass den Eltern bewusst ist, dass eine Erbteilung bzw. eine Erbausgleichszahlung unter mehreren Geschwistern zu Streitigkeiten führen könnte.
Will der Nachwuchs überhaupt erben?
Seitens der Eltern ist der Wunsch, das Wohneigentum zu vererben, also gegeben. Aber möchten die Kinder auch erben?
Rund die Hälfte der Kinder der Befragten wollen die Immobilie nicht erben. Genauer betrachtet: Nur rund 31 Prozent der Einzelkinder möchten das Wohneigentum der Eltern übernehmen. Rund 69 Prozent wollen die Immobilie nicht übernehmen. Bei den befragten Wohneigentümern mit zwei Kindern zeichnet sich ein ähnliches Bild ab: Rund 32 Prozent der befragten Eltern gaben an, dass mindestens eines der beiden Kinder das Wohneigentum erben möchte. Bei den befragten Wohneigentümern mit drei Kindern ist die Wahrscheinlichkeit einer Übernahme am höchsten: Rund 36 Prozent der Befragten gaben an, dass mindestens eines der drei Kinder das Elterndomizil übernehmen würde.
Diskrepanz zwischen Vererben und Erben
Vergleicht man die Vererbungsbereitschaft der Eltern mit der Bereitschaft der Kinder, das Wohneigentum zu erben, ist eine deutliche Diskrepanz ersichtlich.
Doch warum möchte nur rund ein Drittel der Kinder das Wohneigentum übernehmen? Es könnte daran liegen, dass viele Kinder bereits erwachsen sind und ihr eigenes Leben führen. Einige haben eine eigene Familie gegründet und eine eigene Immobilie erworben. Auch möchten oder können Kinder das Elternhaus – je nachdem wo sich die Immobilie der Eltern befindet – aufgrund ihrer beruflichen Situation nicht übernehmen. Natürlich spielt auch die finanzielle Situation der Kinder eine Rolle. Zum einen muss man sich das Wohneigentum leisten können. Zum anderen muss das übernehmende Kind seine Geschwister auszahlen können.
Frühzeitige Nachlassplanung ist notwendig
Ist der Wunsch vorhanden, die Immobilie dem Kind bzw. den Kindern zu vererben, sollte frühzeitig das Gespräch gesucht werden, um die Bedürfnisse zu ermitteln. Möchte eines bzw. möchten mehrere Kinder die Immobilie erben, so muss frühzeitig überlegt werden, welches der Kinder die Immobilie bekommt und wie die übrigen Kinder im Erbe berücksichtigt werden. Eine vorausschauende Nachlassplanung ist nicht nur sinnvoll, sondern auch notwendig, um den Familienfrieden zu wahren.
Soll die Immobilie hingegen verkauft werden, so müssen ein Käufer und eine neue Immobilie zum Kauf oder zur Miete gefunden werden. Eine frühzeitige Nachlassplanung ist also in jedem Fall notwendig.